Zwischen den Geschlechtern „Das Leben ist ein Traum, und das Aufwachen ist, was uns tötet“, heißt es in der musik- theatralischen Metamorphose „Orlando“, die die Sängerin Nadja Michael zusammengestellt und an der Wien selbst dargestellt hat. Nadja Michael ist bei uns (Wiener Staatsoper, Bregenzer Festspiele) vor allem als Fidelio-Leonore und als hinreißende Eboli aus Konwitschnys fünfaktigem „Don Carlos“ bekannt. Im Theater an der Wien einen Abend gestaltete sie zur Musik von Wagner, Schumann, Hugo Wolf, Mahler und Richard Strauss das Programm „Orlando misterioso“ und singt und verwandelt sich von Maria Stuart in Ophelia und Mignon zu Gustav Mahlers fahrendem Gesellen oder zum glücklichen an den Strand niedersteigendem Paar („Und morgen wird die Sonne wieder scheinen“). Die Verwandlung von der Königin Maria zur liebenden Ophelia oder zur kleinen Mignon und schließlich zum jungen Mann vollzieht Nadja Michael perfekt, auch in der Darstellung pendelnd zwischen den Geschlechtern – wie „Orlando“ von Virginia Woolf. Teils live, teils vom Tonband und mit reichem Bewegungs- spiel geht sie den Weg von Menschlichkeit zu Wahnsinn, von Verweigerung zur Transformation der Geschlechter. Eine aparte Metamorphose, der das Publikum zuerst erstaunt, dann zunehmend begeistert folgte. Eine hervorragende Mitgestalterin war die junge japanische Pianistin Miku Nishimoto.
Neubert.
V.K., Kronenzeitung, 26.06.2010